Nach dem Familienbesuch verging eine weitere Woche mit Hochs und Tiefs. Je nach Verfassung, Tageszeit, Laune und Wetter bin ich mal voller Zuversicht und mal völlig verzweifelt, aber immer in einem wackeligen Stadium. Ich rede mir gut zu mit „Am Ende wird alles gut – wenn es noch nicht gut, ist es noch nicht das Ende.“ und frage mich kurz darauf doch wieder „Wann ist der Mist endlich zu Ende?“
Das Gute an Stimmungsschwankungen ist, dass es
nach dem „Abwärts“ immer wieder „Aufwärts“ geht. Im Laufe der Woche stelle ich zum
x-ten Mal mein Manuskript fertig und bekomme endlich auch das „Okay“ von den
KoautorInnen. Es ist ein gutes Gefühl, dieses Projekt endlich abschließen zu
können – jetzt heißt es: Einreichen und auf die Gutachten warten. Das kann dauern.
Ich stelle mich auf sechs Monate ein, die durchschnittliche Bearbeitungszeit
bei der gewählten Zeitschrift. Sie wird meine Geduld ein weiteres Mal ganz
schön herausfordern.
Trotzdem fühle ich mich nach dem Fertigstellen
des Manuskriptes erstmal befreit und erleichtert. In Bezug auf die Arbeit heißt
es jetzt: Neu sortieren, neue Aufgaben und einen neuen Fokus wählen,
Teilschritte planen, neu strukturieren. Nicht ganz einfach, aber machbar.
Mittwoch und Donnerstag nehme ich dann noch teilweise Teil an meiner ersten „Online-Tagung“.
Delegationen aus der Slowakei und Estland interessieren sich für das Institut
und seine Machenschaften in Sachen Bildungsmonitoring und ich habe mich mehr
oder weniger freiwillig bereit erklärt, meinen Projektbereich vorzustellen. Der
Vortrag läuft gut, die Anonymität der Videokonferenz ist trotzdem eher
ernüchternd und ich frage mich, wann wohl wieder die ersten größeren Präsenzveranstaltungen
stattfinden werden können. Die nun doch wieder deutlicher steigenden Fallzahlen
machen mir da leider wenig Hoffnung und die allgemeine Sorge über zu viel
Sorglosigkeit wächst angesichts der Neuigkeit, dass ausgerechnet Würzburg in
ganz Deutschland zeitweise am stärksten betroffen ist.
Abschalten kann ich in diesen Tagen beim
Radfahren und Tour de France gucken. Letzteres war schon lange nicht mehr so
spannend wie in diesem Jahr und zu ersterem motiviert mich mein sportlicher
Ehrgeiz und die Stadtradeln-Aktion. Am Donnerstag fahre ich 40 km in 1:27 h
bzw. in einem 27 km/h Schnitt – absolute Bestzeit! Und ich lese endlich wieder
regelmäßig, v. a. am Abend, manchmal auch morgens. Eines der beiden Bücher, die
ich zuletzt gekauft habe, habe ich bereits durchgelesen, das andere – Stand heute
– fast zur Hälfte.
Am Samstag findet das Kennenlerngespräch für die
Bildungspatenschaft statt. Regulär hätte ich deutlich länger warten müssen,
aber es ist spontan ein Termin freigeworden, den ich mir gut einrichten konnte.
Nach dem Gespräch bin ich nervös: Bin ich der Aufgabe wirklich gewachsen?
Schaffe ich es, den Anforderungen gerecht zu werden? Einerseits habe ich
wirklich Lust, mal wieder Nachhilfe zu geben. Und ich bin gespannt darauf, wie
das in diesem ehrenamtlichen Setting sein wird, und wie es sich von meiner
bisherigen Nachhilfe-Erfahrung, die fast ausschließlich in sozial
privilegierten Familien und irgendwelchen Villen am Wannsee stattgefunden hat,
unterscheidet. Andererseits habe ich großen Respekt davor und frage mich, ob ich
es gut hinbekomme, dem Kind bzw. der Familie auf Augenhöhe zu begegnen und
meine Berührungsängste abzulegen.
Im Anschluss gibt es ein Eis in meiner
Lieblingseisdiele und einen ausgiebigen Spaziergang mit meinem Onkel. Wie sind
schon ganz schön k.o. als wir feststellen, dass wir noch ein ordentliches Stück
zurück zur Wohnung laufen müssen, und amüsieren uns herrlich dabei, alle fünf
Minuten „Ist es noch weit?“ zu stöhnen und über diverse alternative
Fortbewegungsmittel nachzudenken, bis wir schließlich wieder an seiner Wohnung
ankommen. (Zu Fuß natürlich!)
Sonntag bleibe ich zunächst lange liegen und
mache am späten Nachmittag dann eine weitere lange Radtour. Es ist warm, die
Sonne strahlt, aber die gelben Blätter, die durch die Luft wirbeln oder bereits am Boden
liegen, lassen keine Zweifel daran, dass der Herbst angebrochen ist. Ich bin
gespannt, was er bringen wird. Heftige Herbststürme wie 2017, als in Berlin
reihenweise die Bäume umknickten? Ein goldener Oktober wie 2018, als es Mitte
den Monats noch warm genug zum Eis essen in kurzen Hosen war? Oder so ein „Zwischending“
wie letztes Jahr?
In Bezug auf meine wackelige Gefühlslage
überwiegt zum Ende der Woche zumindest die Zuversicht und ich denke, dass ich
mit allen drei Szenarien schon irgendwie klar kommen werde. „Es kommt wie’s kommt.“
und „Es muss ja.“ sage ich mir, putze die Zähne und gehe ins Bett, um noch ein
bisschen zu lesen.
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