Montage sind ja immer so eine Sache. Bei mir entscheidet sich oft schon am Morgen, wie der Rest der Woche verlaufen wird. Gestern hatte ich mir ein paar Pläne gemacht, Montag und Dienstag wollte ich auf jeden Fall ins Büro fahren. Als der Wecker klingelt, zögere ich trotzdem. Ich muss ja nicht, heute stehen eine Videokonferenz und die Vorbereitung einer Präsentation für die nächste Tagung auf der Agenda, beides könnte ich auch von zuhause aus machen. Im Büro werde ich nicht erwartet.
In diesen Momenten verfluche ich das Home-Office.
Ich frage mich, ob uns diese Freiheit irgendwann wieder genommen wird, ob die Arbeitnehmer
irgendwann wieder verstärkt dazu angehalten werden, ihre Arbeit im Büro zu
verrichten. Ich vermute ja, dass die Leute zuhause etwas weniger arbeiten, als
es „früher“ im Büro der Fall gewesen ist. Aber vielleicht schließe ich da auch
vorschnell von mir auf andere. Und vielleicht ist die Arbeit zuhause auch einfach
effektiver. Man sitzt weniger Zeit vorm Rechner ab, ohne wirklich etwas zu tun,
weil man in solchen Momenten eher unterbricht und die Arbeit zu einem späteren
Zeitpunkt fortführt, an dem man wieder konzentriert, kreativ und produktiv ist.
Kontrollierbar ist das natürlich alles nicht und wahrscheinlich werden die
meisten Arbeitgeber erst reagieren, wenn begründet Misstrauen besteht bzw. sich
herausstellt, dass Arbeitnehmer bestimmte Tätigkeiten im Home-Office nicht zuverlässig
verrichten (können).
Ich genieße die Freiheit, wünsche mir aber oft
auch wieder ein bisschen mehr Kontrolle oder Verbindlichkeit. Wenn ich weiß,
dass ich im Büro erwartet werde, verhindert das, dass ich morgens einfach
liegen bleibe, den Tag verstreichen lasse und mich erst irgendwann am Abend an
die Arbeit setze. Dabei weiß ich genau, dass diese abendlichen Arbeitsphasen
mir nicht gut tun und ich besser beraten bin, den Tag für die Arbeit und den
Abend zur Entspannung zu nutzen.
Heute schaffe ich es, mich selbst zu ermuntern,
bei meinen gefassten Plänen zu bleiben. Ich stehe also auf, packe meine Sachen,
fahre ins Büro und widme mich der Präsentation. Es läuft gut, ich bin zufrieden
mit dem Ergebnis und sogar die Videokonferenz, auf die ich zunächst gar keine
große Lust hatte, ist inhaltlich interessant und es wird rege diskutiert. Ich
arbeite fünf Stunden ohne größere Unterbrechung und mache wie geplant um 16 Uhr
Feierabend.
Den Plan für den Nachmittag muss ich dann aber
doch spontan anpassen. Der Laden, in dem ich heute das Geburtstagsgeschenk für
meine Mutter abholen wollte, hat Montag geschlossen. Die Verabredung, die ich für
morgen getroffen habe, kann ich aber auf heute verschieben. Wir sitzen gemütlich
auf dem Wilmersdorfer Balkon, quatschen bis in den Abend hinein über Gott und
die Welt und sind ein ums andere Mal dankbar über den gegenseitigen Austausch.
Und abends? Schreibe ich nur noch eine Mail, recherchiere nur noch einen Artikel, schaue mir nur noch ein Dokument durch und erinnere mich
dann daran, dass ich ja Feierabend machen wollte und das alte Sofa dafür der
bessere Ort ist als der noch ältere Schreibtischstuhl.