Donnerstag, 2. April 2020

Isolation, Tag 15: Motivation zum Monatsanfang

Heute ist der erste April, ein neuer Monat beginnt. Wie ich am Ende auf ihn zurückblicken werde, ist noch ziemlich ungewiss. Aber ist es das nicht eigentlich bei jedem neuen Monat?

Ich mag die Monatsanfänge, sie motivieren mich in der Regel, mich in mehr oder weniger neuen Verhaltensweisen zu „üben“. Üblicherweise fasse ich dafür zunächst einen Plan und beginne dann, die Tage zu zählen, an denen ich meinen Plan einhalte. Dabei handelt es sich z. B. um Vorhaben wie „mind. 10.000 Schritte am Tag machen“, „jeden Abend eine halbe Stunde lesen“, „keine Süßigkeiten essen“, etc. Auch wenn ich mich nicht daran erinnern kann, einen solchen Plan jemals für einen gesamten Monat eingehalten zu haben, fasse ich fast monatlich einen neuen oder versuche es ein zweites Mal mit einem der bisherigen.

Natürlich könnte ich solche Pläne an jedem x-beliebigen Tag neu fassen und mit dem Zählen von Einhalte-Tagen beginnen. Ich tue es trotzdem vornehmlich zum Monatsanfang. Weil es das Zählen einfacher macht und, weil ich Erfolg und Misserfolg auf einem selbstgestalteten Kalender durch verschiedenfarbiges Anstreichen der Tage dokumentiere. Ein strahlend weißes Blatt zum Monatsanfang wirkt dabei deutlich motivierender als eines, auf dem bereits einige Kreise mein Scheitern anzeigen und mir den Gedanken nahelegen „auf einen versäumten Tag mehr oder weniger kommt es nun auch nicht mehr an.“ Die anderen Kalender umzublättern ist noch so ein lieb gewonnenes Ritual zum Monatsanfang. Neue Bilder, eine neue Perspektive – jeden Monat vergehen einige Tage, bis die Kalendergalerie wieder zu einem gewohnten Anblick geworden ist.

Die über die Jahre gesammelten Foto-Kalender blättere ich heute erst am Nachmittag um. Nach dem gestern verabredeten Hangout am Morgen mache ich nämlich „nur nochmal fünf Minuten“ die Augen zu und wache erst zweieinhalb Stunden später wieder auf. „Nun gut“, denke ich mir, „dann habe ich den Schlaf wohl gebraucht.“

Als ich entschließe aufzustehen, ist es für eine Laufrunde zu spät, um 14 Uhr steht eine Besprechung an. Egal, die Lust auf Laufen hält sich heute eh in Grenzen, immerhin ist die größte Müdigkeit überwunden und ich kann mich noch einigermaßen konzentriert auf den Termin vorbereiten. Erneut ist es einer, der unerwartet positiv verläuft und mich motiviert, im Anschluss noch ein wenig am Besprochenen weiterzuarbeiten. Eine halbe Stunde vor einer weiteren Besprechung um 17 Uhr beende ich die Nachbereitung der ersten und beginne damit, mich inhaltlich auf die zweite vorzubereiten. Trotz der Kurzfristigkeit gelingt auch das erstaunlich gut. Ich kann einige meiner Gedanken in die Besprechung einbringen, einige der Gedanken der Anderen nehme ich mit hinaus.

Das Alleinsein und das Arbeiten zuhause sind nach wie vor anstrengend und ich vermisse den Gang in die Bibliothek und die Fahrt ins Büro. Aber die virtuellen Besprechungen machen mir Spaß. Die Teilnehmenden wirken alle entspannter, wie sie so dasitzen in ihren Wohnzimmern und Küchen oder wie ich in meiner 1-Zimmer-Wohnung. Ein privates Arbeitszimmer scheinen die wenigsten von uns zu haben. Im Gegensatz zu mir haben die meisten aber Haustiere, MitbewohnerInnen, PartnerInnen und/oder Kinder. Die ab und zu im Hintergrund poltern, sich zu Wort melden oder durchs Bild huschen. Das bringt dann alle zum Lachen, lockert die eh schon lockere Stimmung zusätzlich auf und bringt irgendwie Leben in meine Isolation.

Spontan verlängern wir den bis 18 Uhr anberaumten Termin um eine Dreiviertelstunde, um den regen Austausch nicht abrupt unterbrechen zu müssen. Zur Belohnung bekommen wir von der zweijährigen Tochter einer Kollegin ein Abendessen aus der Spielküche serviert, tauschen am Ende noch ein paar flapsige Witze aus und winken zum Abschied alle fröhlich in unsere Kameras. An diese Art der Besprechung könnte ich mich wohl glatt gewöhnen. Und Tag 1 des neuen Monats streiche ich mir in der für diesen Monat frisch gewählten Erfolgsfarbe an.

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