Dienstag, 7. April 2020

Isolation, Tag 20: Urlaub

„Und was machst du so?“ fragen wir uns und wir teilen unsere Erfahrungen über Messenger, auf Blogs, in Podcasts, in Videos, … Und heute antworte ich: „Urlaub“

Bereits im Februar hatte ich einen kleinen Osterurlaub geplant mit Besuchen in Freiburg, Würzburg und im Saarland. Diese müssen nun leider ausfallen, der Urlaub will also anders gestaltet werden. „Aber wie macht man Urlaub in Isolation?“, frage ich mich und komme schnell zu dem Schluss, dass sich meine Tagesgestaltung in der kommenden Woche im Vergleich zu den vergangenen Wochen wohl nicht deutlich ändern wird.

In Bezug auf die Arbeit werde ich meine Projektarbeit weitestgehend pausieren, viel fiel dabei aber zuletzt ohnehin nicht an. Urlaub von der Dissertation möchte ich nicht machen, zu groß ist derzeit die Motivation, voranzukommen und zumindest die Phasen, in denen ich mich trotz der Verbannung ins ablenkungsreiche Homeoffice darauf konzentrieren kann, auch während des Urlaubs zu nutzen. Und in Bezug auf die Freizeit werde ich das tun, was ich sonst auch tue.

Heute steht eine Auslieferung auf dem Plan. Seit mehreren Jahren häkle Spielzeuge für Babys und Kleinkinder und versuche, unter dem Namen „Trudis Traum“ mehr oder weniger regelmäßig und mehr oder weniger gewinnbringend ein paar davon unter die Leute zu bringen. Vergangene Woche wurden zwei Elefanten-Rasseln bestellt, die ich am Wochenende fertig gestellt habe und mit dem Rad nach Friedrichshain bringe. Mit Sicherheitsabstand unterhalte ich mich dort kurz mit einer Arbeitskollegin und ihrer Mitbewohnerin – eine willkommene Abwechslung zu den vielen digitalen Unterhaltungen dieser Tage. Auf meiner Fahrt stelle ich fest, dass es in der Berliner „Innenstadt“ deutlich ruhiger auf den Straßen zugeht, als in den Randbezirken und frage mich, woran das wohl liegen mag.

Pünktlich zum Urlaubsbeginn ziehe ich heute die kurze Hose aus dem Schrank. Beim Laufen trage ich ganzjährig kurze Hosen, aber im Alltag ist das heute die Prämiere für dieses Jahr. Zwar zeigt das Außenthermometer beim Verlassen des Hauses noch frische 12 Grad an, der strahlend blaue Himmel und die Wettervorhersage lassen mich aber nicht daran zweifeln, dass eine kurze Hose heute vollkommen angemessen sein wird. Und so sollte es auch kommen. Die Sonne strahlt vom Himmel herab und ein ums andere Mal wirkt die Welt viel zu ruhig und friedlich für das, was wir gerade auf ihr erleben.

Auf dem Heimweg passiere ich einen „Rettermarkt“. Hier werden Lebensmittel verkauft, die anderswo v. a. aufgrund eines abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdatums, aber auch aufgrund von Fehl- oder Überproduktion und Schönheitsfehlern aussortiert wurden. Die Verkaufsfläche ist großzügig und der Laden nur wenig besucht und obwohl ich nichts brauche, nutze ich die momentan doch eher seltene Möglichkeit, einfach mal kurz „reinzuschauen“. Vor der Drogerie nebenan und dem Supermarkt ein Stück weiter waren die Schlangen ziemlich lang, bei Mustafas Gemüse-Kebap, wo sonst täglich dichtgedrängt tausende von Menschen warten, stand wiederum kaum jemand an. Die übliche Schlange hätte durch die Abstandsregelung wohl bis in den angrenzenden Bezirk gereicht, vielleicht hält allein diese Vorstellung die Menschen gerade davon ab, sich anzustellen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass der Großteil der Kunden Touristen sind, auf die Mustafa (der gar nicht wirklich Mustafa heißt) wie so viele Berliner UnternehmerInnen gerade verzichten muss.*

Im Rettermarkt kaufe ich neben zu kleinen Kartoffeln, krummen Gurken, Energieriegeln und Sojamilch spontan einen Becher Eis mit der verlockenden Aufschrift „Happy Coco! Vegan Ice Delight - Choco Heaven”, von dem ich zurück zuhause auch gleich eine etwas zu große Portion genieße (um nicht zu sagen alles). Was soll’s, denke ich mir, im Urlaub darf man das!**

*Informationen zum Phänomen Mustafas Gemüse-Kebap finden die Nicht-Berliner-LeserInnen z. B. unter http://www.bz-berlin.de/klassiker/warum-mustafas-gemuese-kebap-so-beliebt-ist

**Um ehrlich zu sein, hatte ich nach dem Becher Eis, der locker auch für zwei Personen gereicht hätte, durchaus ein etwas schlechtes Gewissen. Eine Freundin konnte mich aber davon überzeugen, dass so eine kleine „Eis-Eskalation“ (Esskalation/Eiskalation?) in der Isolation kein größeres Drama ist und zum Abendessen kompensiere ich das Vitamin-Defizit im Eis dann auch mit einer ordentlichen Portion Gemüse.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen